Realisierung: Oktober 2019

AnSichtWeisenSonnwendviertel

7 Künstler – 7 Blickwinkel

Die Idee

Sieben Künstler eingeladen zum Dialog über ein gemeinsames Projekt. Die beiläufige Anmerkung eines von ihnen wird zum Impuls, sich mit einem neu entstehenden Wohnviertel in Wien, das sich auf den ersten Blick scheinbar einer ästhetischen Darstellung entzieht, auseinanderzusetzen.

Inspiriert von ihren unterschiedlichen Sichtweisen und den sich daraus eröffnenden vielfältigen Möglichkeiten der künstlerischen Auseinandersetzung und Darstellung beginnen sie im April 2019 ihr gemeinsames Projekt.

Konzeptionelles

Aus künstlerisch/ästhetischer Perspektive wurde bewusst keine stringente, in sich stimmige visuelle Linie gesucht. Konzeptionell der Philosophie der Dialogkunst entsprungen, entsteht die Lebendigkeit und Spannung gerade aus der Unterschiedlichkeit der künstlerischen Positionen und Sichtweisen. Der gemeinsame Bezugspunkt ist ausschließlich der dargestellte und thematisierte Raum selbst.

Die offene Herangehensweise, die Inspiration durch die jeweils anderen eigenständigen Zugänge, Motivationen, Philosophien, Techniken, Blicke, die bewusst und unterbewusst in das persönliche künstlerische Schaffen mit einfließen und der Austausch zwischen den Künstlern sind wesentliche künstlerische und konzeptionelle Aspekte des Projekts.

Die Ausstellung

Die Ausstellung zeigt in Fotografien, Fotogemälden, Sound-Installationen und Videos die unterschiedlichen Wahrnehmungen der einzelnen Künstler. Die Inszenierung als multi-mediales und multi-sinnliches Kunsterlebnis feiert das Gesamtwerk der Künstler-Gruppe, das erleben lässt, wie unterschiedliches sinnliches Erfassen, Motivationen, Philosophien, Techniken und Blickwinkel einander im Dialog anregen, befeuern, ergänzen oder auch ausschließen – und gänzlich neues, eigenständiges hervorbringen.

Nicht zuletzt versteht sich die Ausstellung auch und insbesondere als Anlass zur Reflektion und Einladung zum Dialog: Mit den Künstlern, über ihre Werke, über ihre Sichtweisen und über die Wahrnehmung und Wirkung uns täglich umgebender Lebens- und Arbeitswelten aus Sicht der Besucher.

Vernissage – 25.10.2019
Gleis21 – 11o0 Wien, Bloch-Bauer Promenade 22

Ausstellungskatalog

Beteiligte Künstler


Die Fotogemälde von Gernot Deutschmann zeigen, oftmals vielschichtig und durchaus auch versteckt, seine Wahrnehmungen und Stimmungen zu Raum und Menschen. Er versteht seine Werke auch als Mittel und Einladung zum Dialog und zum Austausch von Sichtweisen. Touristen-ähnlich wandert er durch das entstehende Sonnwendviertel. Er lässt die Architektur, die Atmosphäre und die Dynamik dieses vielfältigen Raumes auf sich wirken. Seine Eindrücke hält er schnappschussartig intuitiv fest und malt mit diesen Bildern Stimmungen. Er arbeitet ausschließlich mit Handy und Tablet.


Lucas Dikany und Markus Kautz augmentieren mittels Projektionskunst die Foto-Arbeiten „20 Units“ von Michael Holzer und „Electricity“ von Gernot Deutschmann. Mit dem im Fachjargon als „Photomapping“ bezeichneten Verfahren heben sie die Bilder aus deren Medium und nutzen sie als ihre eigene Leinwand. Finessenreich erwecken sie die auf Alu und Leinwand festgehaltenen Szenen zum Leben und erzählen mit ihren Projektionen zwei verspielte, humorvolle und dramatische Geschichten.


In der Arbeit Installation View, werden Installationsansichten von zeitgenössischen Ausstellungsdisplays, den Aufnahmen von Baustellen im Wiener Sonnwendviertel gegenüber gestellt. Obwohl einem völlig anderen Zweck untergeordnet, weisen die dort vorherrechenden Raumsituationen, formal häufig starke Parallelen zu gegenwärtigen Ausstellungsansichten auf. Es sind Räume, Strukturen und Objekte, die ich in einer bestimmten Entwicklungsphase antreffe. Deren eigentliche Funktion ist dabei oft noch nicht eindeutig erkennbar.


Der gestalterische Versuch, Fassaden von Wohnhäusern Individualität und Persönlichkeit zu verleihen, endet für Michael Holzer spätestens an den kommunikativen Schnittstelle zu den Menschen: den Sprechanlagen. Die Bildserie UNITS zoomt auf deren strenge und gleichzeitig harmonische Anordnung und zeigt eine Art Markroarchitektur, in der sich die Individualität der Menschen in Anonymität auflöst.


Die Bilder von Harald Schoder nehmen Bezug auf die Aussage eines Künstlerkollegen, dass dieses Viertel überall auf der Welt stehen könne, sei es Mailand, München oder Singapur. Ohne Bezug zur Tradition und Geschichte der Stadt Wien sieht Harald Schoder die Bauwerke des Sonnwendviertels im Licht eines weiteren Versprechens der Moderne, ähnlich den sozialistischen Errungenschafts-Bauten der 70iger Jahre. Diesen Blickwinkel zeigen seine Fotografien und er hat sich auch in der Nachbearbeitung durchgesetzt Gebäude in einer künstlich perfekten aber unwirtlichen Welt.


Auf Betonwänden einer Unterführung im Sonnwendviertel waren sehr großflächig aus mit Farben gefüllten Feuerlöschern Buchstaben gesprüht. Das so spielerisch entstandene Formenspiel besaß einen Gemälde-ähnlichen Charakter. Diese Anmutung hebt Tobias Steinmaurer in seiner Bildserie „Salt on Paper“ durch Verwendung der im Jahr 1834 von William Henry Talbot entwickelten Salzdrucktechnik (Talbottypie) hervor. Zeichenpapier wird in Kochsalzlösung getaucht, dann getrocknet, lichtempfindlich gemacht und belichtet. Um die malerische Komponente in das Bild zu integrieren, arbeitet er mit Pinseln. So entstand eine Bildserie, die Malerei, klassische Fotografie und Fotohistorie vereint.

Die 3-teilige Bildserie „Wildlife“ findet die Natur inmitten der Großbaustelle. Auf den Erdwällen der Großbaustelle Sonnwendviertel vorkommenden Pflanzen wurden samt Wurzelwerk ausgegraben, im Fotostudio auf weißem Hintergrund arrangiert und abgelichtet. Die sehr persönliche Ansichtsweise von Tobias Steinmaurer auf einen mitten in der Baustellenwüste rund um den Hauptbahnhof künstlich erschaffenen Ortes, der diesen genügsamen Pflanzen bis heute einen adäquaten Lebensraum zu bietet.


Streetstyle Photography – das architektonisch sehr vielfältige Sonnwendviertel dient für diese Fotoserie als Kulisse. In einem inszenierten Street-Portrait-Shooting soll an die klassische Fashionfotografie im „New York“-Style erinnert werden.


Erste Wiener Schule: Haydn, Mozart und Beethoven
Zweite Wiener Schule: Arnold Schönberg, Alban Berg, Anton von Webern
Dritte Wiener Schule: Philipp Schneller & Harald Schoder

Die Geschichte begann, als ich die Dritte Wiener Schule betrat, mit dem Auftrag unter dem Arm, eine Komposition zu entwerfen, die gleichzeitig einen maschinellen Viervierteltakt enthielte als auch einen die Stadt Wien repräsentierenden Dreivierteltakt. Wie gesagt, der Rest ist Geschichte …“ (Harald Schoder, Dritte Wiener Schule)

Beim Betreten des Ausstellungsraumes wird die Komposition nur unmerklich wahrgenommen und zieht die Besucher langsam und unaufhörlich in ihren Bann.